Humor hilft, den Tod zu akzeptieren

Märkische Allgemeine, 28.03.2009
STERBEBEGLEITUNG
Im Neuruppiner Hospiz lernten Besucher, wie Lachen Schmerzen lindert und die Angst vor dem Ende des Lebens verdrängt

von Katharina Schwarz

NEURUPPIN „Eine Patientin des Ricam-Hospiz in Berlin sagte zu mir: ,Lachen Sie bitte mit mir, noch bin ich nicht tot!'", erzählte der Philosoph und Religionswissenschaftler Harald-Alexander Korp am Donnerstagabend. Nun brachte er das Neuruppiner Hospiz Haus Wegwarte zum Lachen. Sein Vortrag „Humor in der Sterbebegleitung" hatte Nebenwirkungen: Am nächsten Tag klagten einige Besucher über Bauchmuskelkater. „In einem Hospiz ist das eher ungewöhnlich, wir müssen hier leider versuchen ganz andere Schmerzen zu lindern", sagte die Pflegedienstleiterin Renate Schwarz.

Lachen und Humor sind Mittel zur Schmerzlinderung und helfen bei der Annahme des eigenen Todes. Harald-Alexander Korp, auch ausgebildeter Lachyoga-Trainer, versuchte beides sowohl wissenschaftlich zu erklären als auch zu demonstrieren . Freuds Lieblingswitz zeigt, wie Humor hilft, den Tod anzunehmen: „Der Henker kommt zum Häftling. Der Verurteilte fragt ihn: ,Welchen Tag haben wir denn heute?' Der Henker antwortet: ,Montag.' Der Gefangene seufzt: ,Na, die Woche fängt ja gut an!'" In der Psychotherapie ist lange bekannt, dass Humor dabei hilft, den Widerspruch zwischen leben wollen und sterben müssen zuzulassen und eine Balance zwischen freudvoller Distanz und Akzeptanz des Todes zu finden. Lachen hilft, Aggressionen und Frust zu lösen, die jemand, der mit seinem Tod hadert, angestaut hat. Soll ein Sterbebegleiter deshalb ein Witzautomat oder Clown sein? „Nur manchmal", sagt Korp. „Humor ist der Gegenspieler der Angst. Doch wir sterben, wie wir leben. Daher sollte man sich bereits im Leben einen gesunden Humorvorrat anlegen." Eine Minute Lachen habe den gleichen Effekt wie zehn Minuten Jogging.

Alexander Korp zeigte, wie verschiedene Kulturen dem Tod humorvoll begegnen. Naturreligionen oder der Buddhismus begrüßen den Tod meist positiv lächelnd, und auch das Judentum pflegt einen schwarz-humorigen Umgang mit dem Sensenmann. Christentum oder Islam nehmen ihn aber sehr ernst. „Doch es gibt Ausnahmen: Beim mittelalterlichen Ostergelächter erzählten die Geistlichen Witze, ahmten Tiere nach und rannten quiekend durch die Kirche. Und in außerkanonischen Evangelien lacht der sterbende Jesus am Kreuz die Menschen aus, weil sie um ihn trauern." In Süddeutschland sichtete der Referent gar ein Schild mit der Aufschrift: „Hier liegt begraben die Jungfrau Rothburg Rindl. Gestorben ist sie im 17. Jahr, gerade als sie zu brauchen war."

Korp machte Mut, mit Sterbenden zu lachen. Im Hospiz oder Krankenhaus sollte Humor weniger intellektuell dosiert sein. Körpereinsatz und Berührung seien wichtig, dabei können Handpuppen, Plüschtiere, auffallende Kleidung und Grimassen helfen.

Im Publikum blieb bei diesem Vortrag kein Auge trocken. „Ich fand es Klasse", meinte Sonja Dreske, die als ehrenamtliche Hospizhelferin in der Wegwarte arbeitet. „Es ist befreiend, mal so mit dem Tod umzugehen. anstatt ihn schwarz zu malen oder zu verdrängen

Ruppiner Tageblatt, 28./29.03.2009